Forum Bioethik

V.  Sterbehilfe und Euthanasie- Debatte

Die Frage der Sterbehilfe ist ein besonders schwieriges Thema und durch die historischen Ereignisse in der NS- Zeit durch die Euthanansie- Aktionen und Menschenversuchen sehr belastet. Aktive Sterbehilfe ist in Deutschland per Gesetz grundsätzlich verboten, trotzdem gibt es immer wieder Versuche, Sterbehilfe einführen zu wollen. Wie problematisch Sterbehilfe ist, mag das Beispiel in den Niederlanden zeigen. Seit Nov.2000 gibt es dort auch ein offizielles Euthanasiegesetz. Palliativmedizin ist dort noch wenig entwickelt, ebenso die Hospizbewegung, die sich mit diesen Fragen in ganz anderer Weise auseinandersetzt.
Anbei nur ein kurzer Überblick über die wichtigsten Punkte in Deutschland, den USA und den Niederlanden. Erweitert werden müßte dies um eine ausführliche Darstellung der Hospizbewegung und ihrer Art und Weise, dem Menschen auch in Todessituationen beizustehen und ihn nicht „alleinzulassen“: Deutlich wird dort ja gezeigt, daß der Todeswunsch oft schwindet, wenn der Mensch wieder Zuwendung und Wärme erlebt.
Die Frage, wie mit dem Tod umzugehen ist, sollte auch in einer modernen Gesellschaft nicht tabu sein, und Sterbeforschung ist sicherlich ein wichtiger Beitrag hierfür - trotz Autonmie- und Selbstbestimmungsdiskussion.
(Ausführliche Angaben zur neuen Euthanasie- und Sterbehilfe- Diskussion sind zu finden bei: Michael Wunder - Die neue Euthanasie- Debatte in Deutschland vor dem Hintergrund der Geschichte und der internationalen Entwicklung, In: Ulrich Bach/ Andreas de Kleine(Hrsg) - Auf dem Weg in die totale Medizin. Eine Handreichung zur Bioethik- Debatte)

a.  Deutschland
Die neue Euthanasie- Debatte in Deutschland in Hinblick auf die Diskussion um die Sterbehilfe
In Deutschland hat in den 90iger Jahren eine neue Euthanasie- Debatte stattgefunden. Der vorläufige Höhepunkt dabei sind „Grundsätze der Bundesärztekammer zur ärztlichen Sterbebegleitung“, die im Sept.1998 verabschiedet worden sind. Dadurch wurde die ursprüngliche Zurückhaltung in der Frage der Sterbehilfe aufgegeben und Maßnahmen der Sterbehilfe auf nicht sterbende Menschen mit „infauster Prognose“ (d.h. ungünstiger Prognose) oder „lebensbedrohlicher Schädigung“ ausgeweitet.
Ein wichtiger Schritt war vorher das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes von 1994 zum sog. „Kemptener Fall“. In dieser Entscheidung wurde das Absetzen der künstlichen Ernährung bei einer 72jährigen Frau im Koma aus Kempten, also einer Frau, die nicht im Sterben lag, für rechtlich zulässig erklärt, da dies dem mutmaßlichen Willen der Betroffenen entsprochen hätte. Damit wurde erstmals die Maßnahme des Nahrungsentzuges als erlaubte Behandlungsbegrenzung bei nicht Sterbenden anerkannt, allerdings an dem geäußerten oder mutmaßlichen Willen der Betroffenen gebunden. 

b.  USA
Die Euthanasie- Bewegung in den USA stand Mitte der 30iger Jahre kurz vor dem Legitimationsdurchbruch. Durch die Erfahrungen in der NS- Euthanasie fühlte man sich um Jahrzehnte zurückgeworfen. Ein Durchbruch gelang der US- Euthanasie- Bewegung erst wieder 1975 mit dem Fall von Karen Ann Quinlan, einer 21jährigen Frau, die künstlich beatmet wurde. Obwohl die Kriterien für den Hirntod nicht erfüllt waren, konnte das Beatmungsgerät durch einen Beschluß des Obersten Gerichtes von New Jersey abgeschaltet werden. - In den USA selbst spielt in diesen Fragen das Selbstbestimmungsrecht eine große Rolle.

c.  Niederlande
In den Niederlanden gibt es seit dem 1.1.1994 ein Gesetz, das aktive Sterbehilfe zwar formal unter Strafe stellt, das aber von Strafverfolgung absieht, wenn verschiedene Sorgfaltskriterien eingehalten sind. Das Problem liegt darin, daß sich das Gesetz auf bewußt einwilligungsfähige Menschen bezieht, was aber kaum eingehalten werden kann. Pro Jahr sterben ca.3000 - 4000 Menschen durch Euthanasie. Nach dem Remmelink-Bericht von 1995 sind es im Jahre 1995 konkret etwa 3200 Fälle mit Einwilligung und etwa 900 Fälle ohne Einwilligung, 1990 waren es 2300 Fälle mit Einwilligung und etwa 1000 Fälle ohne Einwilligung.

Neu: Das Sterbehilfegesetz in den Niederlanden vom April 2001

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