Datum: Fri, 1 Nov 2002 03:30:54 EST
Von: NewsBote@aol.com
Bioethik-Weltkongress beklagt Zunahme der Euthanasie-Aktivitäten
Brasilia (dpa) - Der 6. Welt-Kongress für Bioethik hat eine Zunahme
der
größtenteils illegalen Euthanasie-Aktivitäten beklagt.
"Die Todesengel
agieren unbehelligt vor den Nasen der Behörden", sagte am Donnerstag
(Ortszeit) im Tagungsort Brasilia Margaret Battin von der Universität
Utah in Salt Lake City. In den USA, wo nur der Staat Oregon die bewusste
Herbeiführung des Patientodes durch Ärzte gestatte, würden
immer mehr
alternative Euthanasie-Methoden entwickelt. Es gebe inzwischen sogar
schon einen Euthanasie -"Do it Yourself" - Kasten für 40 Dollar
zu
kaufen, versicherte die Professorin für Philosophie und Innere
Medizin.
Darin enthalten seien unter anderem einfache Plastiktüten mit
Erstickungshilfen.
Mehrere Konferenzteilnehmer brachten unterdessen in der brasilianischen
Hauptstadt die Sorge zum Ausdruck, dass die Genehmigung oder Duldung
der
von einigen Seiten befürworteten aktiven Euthanasie von
Gesundheitsbehörden zur Ausgabensenkung missbraucht werden könnte.
"Ich
würde es nicht gern sehen, wenn Euthanasie zur Alternative für
mangelhafte und defizitäre Gesundheitssysteme wird", erklärte
zum
Beispiel der niederländische Arzt Hans van Delden von der Universität
Utrecht, dessen Land als erstes weltweit die aktive Sterbehilfe
legalisierte. Euthanasie könne auf keinen Fall zum Exportprodukt
werden,
fordert van Delden.
Der bekannte Australier Peter Singer sprach sich dagegen für
eine
aktive Sterbehilfe besonders in jenen Fällen aus, in denen den
Patienten
keine ausreichende Behandlung gewährleistet werden kann. "Afrika
hat zum
Beispiel nicht genügend Mittel, um die Aids-Kranken zu behandeln",
führte er an. Zudem müsste Euthanasie auch bei Patienten
im Endstadium,
die sich ihrer Entscheidung bewusst seien, in Betracht gezogen werden.
"Man darf doch nicht den Wunsch eines Menschen missachten und diesen
unnötig leiden lassen", sagte Singer, der auch als einer der Pioniere
der Tierrechtsbewegung gilt.
Van Delden entgegnete allerdings, man müsse bei der Anwendung
von
Euthanasie auch die Fälle von unter Depressionen leidenden Patienten
berücksichtigen. In seinem Heimatland habe eine todkranke 67-jährige
Frau nach einem dreiwöchigen Urlaub ihre Entscheidung zugunsten
einer
Sterbehilfe rückgängig gemacht.
Der Widerstand gegen die Euthanasie kommt vor allem aus dem religiösen
Lager, denn sie widerspricht dem katholisch-christlichen Konzept der
Heiligkeit des Lebens und dem Selbstmordverbot.
Der 6. Weltkongress für Bioethik findet bis nächsten
Sonntag unter dem
Motto "Bioethik, Macht und Ungerechtigkeit" statt. Im Mittelpunkt der
Debatten steht neben der Euthanasie auch die These des Professors der
Universität Manchester John Harris, die Wissenschaft stehe kurz
vor der
Möglichkeit, "unsterbliche Menschen zu schaffen".
In Brasilia sollen unter anderem auch die Widersprüche bei
den
medizinischen Investitionen zur Sprache kommen. "Aids und Malaria
fordern zum Beispiel eine ähnliche Zahl von Menschenleben, aber
zur
medizinischen Aidsbekämpfung wird 50 Mal mehr investiert", meint
der
Leiter des Kongresses und Chef des Bioethik-Instituts an der Universität
Brasilia, Volney Garrafa.
dpa
010926 Nov 02
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