Forum Bioethik

Informationen zum "Nationalen Ethikrat"

 
Aufsätze und andere Beiträge zum sogen. Nationalen Ethikrat

Nationale Ethik  von Uta Wagenmann
Aus: Gen-ethischer Informationsdienst GID Nr 145- April/Mai 2001


 

Ein ganz besonderes Thema ist sicherlich der „Nationale Ethikrat“, da er in einer ungewöhnlichen Weise demonstriert, wie inzwischen politische Entscheidungen getroffen werden bzw. wie mit Politik umgegangen wird.. Auf eine sehr eigenartige Weise ist hier das Parlament "umgangen"  worden - und da es keine erfolgreichen Widerstände gab, hat es auch eine besondere Symbolkraft.
Zum einen, weil es sich um das Gebiet der Biotechnologie handelt. Hier zeigt es sich wieder, daß einfach Wege gefunden werden, um bestimmte Vorstellungen durchzusetzen - die Enquete-Kommission des Bundestages „Recht und Ethik der    modernen Medizin“ ist dadurch zwangsläufig auf ein Nebengleis geraten. Besonders fragwürdig ist auch das „Wie“. Ursprünglich wurde ja erklärt, daß es sich um ein reines Beratergremium des Kanzlers handeln solle. Aber dann war schon der Name irritierend: „Nationaler Ethikrat“. 
Aus einem Beraterkreis wurde ein Gremium, das in der Öffentlichkeit als offizieller „Ethikrat“ der Nation auftrat und dann auch national und international so empfunden wurde. 
Es gäbe noch viel Kritisches dazu zu sagen - vieles ist dazu auch auf der Website zu finden, die von der Interessengemeinschaft Kritische Bioethik eingerichtet wurde (www.nationaler-ethikrat.de). Inzwischen gibt es auch eine offizielle Seite dieses Rates (www.nationalerethikrat.de).
Möge der Kanzler sich nicht auch in anderen Bereichen so über das Parlament hinwegsetzen oder - für ihn - unliebsame Positionen herabsetzen oder abtun. Das wäre nicht gut. Es gibt Vorgehensweisen, an die kann man sich nicht oder sollte sich  nicht gewöhnen..

Ist ein Dementi eine Lüge, wenn es bewußt die Unwahrheit ausdrückt?
Unabhängig von diesen merkwürdigen Begleitumständen sollte hier noch auf ein weiteres Phänomen hingewiesen werden: Ein Ethikrat sollte sich eigentlich um Werte bemühen - und soweit es ihm gelingt - auch danach handeln.
Daß der Ethikrat schon bald mit einem Dementi  an die Öffentlichkeit tritt, das bewußt in die Irre führt, ist vielleicht ein Ausdruck dafür, daß er im Grunde eher von bestimmten Interessen und Strategien geleitet wird als von Werten.
Es ist z.B. die Frage, weshalb er dementiert, über etwas gesprochen zu haben - obwohl er es offensichtlich doch getan hatte. (siehe Artikel unten: "Ethikrat für Import von Stammzellen).
Auch wenn das Dementi inzwischen ein normales Mittel der Politik ist, so sollte doch ein „Ethikrat“ einen Abstand zu gewissen sprachlichen Mitteln haben. Ein Ethikrat , der das Dementi als bewußtes taktisches Mittel  einsetzt und dabei offensichtlich die Unwahrheit sagt, sollte sich überlegen, ob er die Bezeichnung „Ethikrat“ guten Gewissens weiterführen kann und mag. 
Wenn Ethik ein Spielball der Interessen wird, ist es ein bedenkliches Zeichen.
 

Aus:
Biologie, Gesellschaft, Medizin
Ethikrat für Import von Stammzellen [24.10.2001]
Bei einer Probeabstimmung des Nationalen Ethikrates ergab sich eine
Mehrheit für den Import von Stammzellen. Die Probeabstimmung fand
bereits im September statt, aber erst jetzt gab der katholische
Moraltheologe Eberhard Schockenhoff bei einer Podiumsdiskussion das
Ergebnis bekannt. Eine Sprecherin des Ethikrates hatte noch in der
vergangenen Woche erklärt, dass es definitiv keine solche Abstimmung
gegeben hätte. Nach Angaben von Eberhard Schockenhoff diente die
Probeabstimmung dazu, einer Arbeitsgruppe des Rates
Entscheidungsrundlagen für eine Stellungnahme zu dem Thema vorzulegen.
Die offizielle Stellungnahme über einen eventuellen Import von
embryonalen Stammzellen wird für Dezember erwartet.
(Info: über Emailverteiler von H.Hüppe, MdB)
 © DeutschlandRadio

http://www.wissenschaft-online.de/artikel/581874

Die WELT 05. 11. 2001
Der Bundestag wird ausgebremst
Zum Vorgehen des Ethikrates in Genforschungsfragen - Kommentar
Von Ansgar Graw
Am Anfang war die Furcht. Ein Nationaler Ethikrat, hieß es, werde ohne jede demokratische Legitimation den bei der Genforschung zunehmend liberalen Kurs der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) in Politik ummünzen. Es folgte die Beschwichtigung der Regierung: Vor einer Entscheidung werde selbstverständlich der Bundestag über den Umgang mit dem Embryonenschutz debattieren. Doch jetzt bestätigen sich die im Frühjahr geäußerten Befürchtungen. Bis spätestens Ende November will der Ethikrat seine Stellungnahme abgeben. Sie wird, verkürzt gesagt, für die Erlaubnis eines Imports embryonaler Stammzellen plädieren und damit die Bemühungen von Lebensschützern, eben dies zu verhindern, konterkarieren. Bereits am 7. Dezember will dann die DFG über Förderungsanträge zur Stammzellenforschung entscheiden. Eine Debatte im Bundestag - die abzuhalten angesichts des so wichtigen Themas eine Selbstverständlichkeit sein sollte - ist vor diesem Datum nicht mehr
möglich. So werden Fakten geschaffen. Der Nationale Ethikrat trägt einen
hehren Namen - die Ethik aber befördert eine solche Entmachtung des
Parlaments nicht.

Der Autor ist zu erreichen unter: graw@welt.de
www.nationaler-ethikrat.de  (kritische Seite dazu aus Bayern, sehr informativ)
www.nationalerethikrat.de   (offizielle Seite des Nationalen Ethikrates)
 

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