Forum Bioethik

T 4 Aktion: Geschichte/Aufarbeitung/Gegenwart

A. Literatur:
Zunächst sind natürlich hier die Bücher von Ernst Klee zu nennen:

Ernst Klee: "Euthanasie" im NS-Staat, die "Vernichtung lebensunwerten Lebens"
                   S.Fischer Verlag. Frankfurt am Main.1983
Dokumente zur "Euthanasie".Hrsg von Ernst Klee. S.Fischer Verlag. Frankfurt.
                   1985.
Götz Aly (Hrg): Aktion T4  (1939-1945). Die "Euthanasie"-Zentrale in der 
                    Tiergartenstraße 4. Edition Hentrich Berlin, 1989.
 

B. Zum Begriff "Aktion T4"

Über die "Euthanasie"-Zentrale in der Tiergartenstraße 4.
Der Begriff "T4" taucht in den Texten des öfteren auf und soll hier kurz erläutert werden.
"T4" ist ein Deckname, unter dem die sogenannte "Euthanasie"-Aktion durchgeführt wurden. "T4" bezieht sich auf die Tiergartenstraße 4 in Berlin. Von dort aus organisierten über 300 Beamte und Angestellte die "Euthanasie"-Maßnahmen, bei denen in den Jahren 1940-45 mehr als 200.000 Psychiatriepatienten, Geistig- behinderte u.a. getötet wurden. Das Gebäude, eine Stadtvilla mit Bürotrakt, war zuvor arisiert worden. Die Villa sowie die später errichteten Bürobaracken standen bis fast zur totalen Zerstörung durch Bomben dort. Heute befindet sich dort die Bushaltestelle vor dem Haupteingang zur Berliner Philharmonie.

Die "planwirtschaftliche Erfassung" der Patienten aller Heil- und Pflegeanstalten begann schon am 09. 0ktober 1939. Es wurden Fragebögen verschickt, die nach ihrer Rücksendung von drei der etwa 30 ärztlichen Begutachter ausgewertet wurden, d.h.. sie entschieden über Leben oder Tod. Wenige Wochen später erhielten die betreffenden Anstalten die Liste  mit den  Menschen, die sich für den Abtransport bereit zu machen hatten. Es gab sechs Tötungsanstalten (siehe unten) auf dem Gebiet des Deutschen Reiches. Die Menschen wurden aus den Ein- richtungen nicht direkt dorthin gefahren, sondern es gab Umwege über sogen.  Zwischenstationen . Durch diese Taktik sollten vor allem Spuren verwischt
werden. Das Ziel dieser Menschentransporte war den meisten Direktoren der Heil- und Pflegeanstalten bald bekannt, wurde aber vor den Angehörigen prinzipiell geheimgehalten. Ebenfalls am 09.Oktober 1939 legten die Organisatoren die Zahl der durch die "Aktion" zu Tötenden auf 65.000 - 70.000 fest.

Die eigentliche "T4-Aktion" ging bis August 1941. Es kam dann zu einem sogenannten Stopp. Die Tötungsanstalten, in denen die Menschen in dieser 1.Phase der "Aktion T4" mit Giftgas getötet wurden, waren:

 Ort                                                Zeitdauer                       Zahl der Toten
 Grafeneck bei Reutlingen                Jan. - Dez. 1940                   9839
 Brandenburg                                  Feb. - Sept. 1940                 9772
 Bernburg                                       Sept. 1940 - Aug. 1941        8601
 Hadamar                                       Jan. - Aug. 1941                 10072
 Hartheim                                       Mai - Aug.1941                  18269
 Sonnenstein bei Pirna                    Juni 1940 - Aug. 1941         13720

Im Anschluß begann eine Phase der "Neuorientierung", die dazu führte, daß immer neue Menschengruppen in den Kreis derer, die selektiert und dann im allgemeinen getötet wurden, aufgenommen wurden.

Die "Aktion 14 f 13"
Diese Aktion war die Fortsetzung der "T4 Aktion". Immer neue Menschengruppen, wie z.B. Tuberkulosekranke, Alte, Wohnungslose, Unbequeme oder Arbeits- unwillige wurden selektiert, um sie ggf. zu töten. Diese Aktion unter der Tarnung eines Aktenzeichens "14 f 13" begann bereits im April 1941. Sie bezweckte bis in den Winter 1944/45 die Vergasung der o.g. Gruppierungen und darüber hinaus auch ganz einfach die Tötung von erschöpften KZ-Häftlingen.
Das Erstellen von Gutachten, der Transport und die Exekution lag in den Händen der -  wie sie das KZ-Personal nannte - "berühmten Berliner Organisation", der "T4". Die Praxis dieses Tötungsprogramms verknüpfte medizinische und soziale Kriterien und machte diese beliebig austauschbar.
Bezeichnenderweise waren die als "Euthanasie" betitelten Verbrechen an deutschen Menschen lediglich ein Modell für weit größere Massenmorde. So schickte die "Tiergartenstraße 4" 1942 über 100 ihrer Fachleute zur "Endlösung der Judenfrage" "nach Osten". Die ersten Kommandanten von Belzec, Sobibor, Treblinka kamen von der "T4" und wurde von dieser auch bezahlt.

In Kürze:
 "T4-Aktion" : nach Tiergartenstraße 4 in Berlin benannt,
          von  Okt. 1939 - Aug. 1941 ca 70.000 Tote
 " Aktion 14 f 13": Aktion zur Tötung von kranken und erschöpften Menschen
    als Tarnbezeichnung das Aktenzeichen 14 f 13
    von April 1941 bis 1944/45 insgesamt über 200.000 Tote

Informationen: "Aktion T4" - Modell des Massenmordes von Götz Aly, in:  Aktion T4, 1939 - 1945
   `Die "Euthanasie"-Zentrale in der Tiergartenstraße 4´, hrsg. von Götz Aly;
   Berlin 1989, Seiten 11 - 20.
 

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