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Gibt es ein Recht auf Nichtgeburt?
In Frankreich schlägt die Empörung über
ein Gerichtsurteil hohe Wellen – Regierung legt
Gesetzentwurf vor
PARIS. Dürfen Ärzte bestraft werden, weil sie
nicht abgetrieben, nicht getötet haben? Oder anders formuliert: Gibt
es ein Recht darauf, gar nicht erst geboren zu werden? Beide Fragen sind
vom Pariser Kassationshof im vergangenen Dezember bejaht worden.
In letzter Instanz sprach damals Frankreichs höchstes
Zivilgericht dem 18-jährigen schwer
behinderten Nicolas Perruche Anspruch auf finanzielle
Entschädigung durch die seine Mut-
ter während der Schwangerschaft behandelnden Ärzte
zu. Taubstumm, fast blind und gei-
stig stark zurückgeblieben, so befanden die Richter,
hätte man Nicolas nicht auf die Welt
kommen lassen dürfen.
Der Urteilspruch löste in Frankreich einen Sturm
der Empörung aus. „Ich hoffe, dass die
Gesellschaft unsere behinderten Kinder nicht mit den
selben Augen sieht wie diese Richter“,
erklärte der Vater einer am Downsyndrom leidenden
Tochter stellvertretend für zahllose
entgeisterte Eltern. Eine Entgeisterung, die Frankreichs
Gynäkologen teilen: Aus Angst vor
einer Prozesslawine weigern sie sich seit dem 1. Januar,
bei Schwangeren noch Ultraschall-
Untersuchungen durchzuführen.
Die Entrüstung schlägt solche Wellen, dass
sich die Regierung zum Handeln gezwungen
sieht. Sie legte einen Gesetzesentwurf vor, in dem festgeschrieben
wird, dass „die Tatsache,
geboren zu werden“, in keinem Fall „eine entschädigungswürdige
Benachteiligung an sich“
ist.
von Peter Heusch
(aus:Braunschweiger Zeitung, 12.01.2002)
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