Forum Bioethik Kehrtwende in Guantanamo.
(Die ZEIT, vom 30.03.2002)
Vor vier Monaten gebar die Regierung Bush einen Bastard der Rechtspflege, das Militärtribunal für Terrorverdächtige. Es sollte aussehen wie Gericht, in Wahrheit aber kurzen Prozess machen können. Die Präsidentenverordnung erinnerte mehr an das Standrecht denn an den Rechsstaat. Jetzt liegen die Verfahrensregeln für das Tribunal vor, „reine Präzisierungen“, wie die Regierung sagt. Das ist feinsinnig formuliert. Ehrlicher wäre, von einer Kehrtwende zu sprechen. Denn das nun veredelte Tribunal hat kaum noch Ähnlichkeit mit jener Missgeburt vom Herbst.
Zwar ist die Idee von Militärtribunalen so wenig plausibel wie ehedem. 
Auch sind einzelne Verfahrensregeln weiterhin bedenklich, die Tatsache etwa, dass eine Berufung vor einem unabhängigen Gericht nicht möglich sein wird, sondern nur vor einem vom Verteidigungsminister ernannten Militärgremium. Andererseits trägt die Prozessordnung wichtigen Einwänden Rechnung. Die Anforderungen an die Beweiserhebung ähneln nunmehr jenen im zivilen Verfahren. Der Angeklagte darf jetzt die Akten einsehen und einen Anwalt wählen. Die Verfahren finden öffentlich statt. Für die Todesstrafe reichen nicht mehr fünf von sieben Richterstimmen aus. Einstimmigkeit ist erforderlich. Der Präsident kann einen Freispruch nicht mehr mit einem Veto verhindern.
Die Konkurrenten zeigen, dass die kritische Öffentlichkeit in Amerika noch funktioniert. Es ist eine Mär zu glauben, das Land sei seinem Präsidenten willenlos ergeben. Ein Proteststurm war es, der George Bush jetzt gezwungen hat, eine maßlose Verordnung, geboren aus der Hysterie des Herbstes, zu korrigieren.
 
 

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