Forum Bioethik

h. Bioethik- Telefon


Es besteht die Überlegung, über den Verein ein „Bioethik-Telefon“ anzulegen. Was ist damit gemeint?

Ein solches Telefon wäre eine Art „Not-Telefon“ für Infos und Problemfälle und würde nach den Kriterien von amnesty international arbeiten (d.h. Vertraulichkeit, keine Arbeit zu den eigenen Bereichen, Schreiben von Appellbriefen usw.).
Immer häufiger ist festzustellen, daß es in dem Bioethik-Bereich Formen von Gewalt, Unterdrückung, Desinformation usw. gibt. In anderen Fällen wenden sich Menschen z.B. an amnesty international (ai), wenn es um allgemeine Menschenrechtsverletzungen geht (z.B. bei politischer oder religiöser Verfolgung, Folter usw.) Im Bioethik- Bereich gibt es kaum vergleichbare Ansprechmöglichkeiten, außer der offiziellen Beschwerdestelle der Stadt München für Fälle von Gewalt an Menschen in Pflegeeinrichtungen, die wesentlich von Claus Fussek und seinem Verein (VIF) dort initiiert wurde. Sie ist in aber nur für Fälle in der dortigen Region zuständig und sicherlich vorbildlich für diesen Bereich.
Nun werden solche Fälle - von Gewalt, Mißhandlungen, Entwürdigungen usw. -aber immer häufiger bzw. werden sie immer häufiger an die Öffentlichkeit gebracht. 
Häufig stehen die Betroffenen und auch ihre Angehörigen auf verlorenem Posten, da die Strukturen in Pflegeeinrichtungen oft sehr rigide sind und auch Angehörige schnell unter Druck gesetzt werden, sofern sie überhaupt Information erhalten. Mehrfach wurde die Erfahrung gemacht, daß sich dann betroffene Menschen bzw. Angehörige an amnesty international wenden, die dann natürlich nicht der richtige Ansprechpartner sind.

Dann kommt noch eines hinzu: So rasant die Fortschritte in der modernen Medizin und Biotechnologie sind, so rasant ist auch ein Abbau demokratischer Haltungen und Strukturen zu beobachten, d.h. es gibt gerade auch in den 90iger Jahren eine gegenläufige Entwicklung, was den Bereich demokratischer Werte, Haltungen und Strukturen in der Gesellschaft betrifft und was in Deutschland auch deutlich in vielen Bereichen wahrzunehmen ist.
Gerade dadurch aber bekommen die neuen Entdeckungen und Fortschritte in der Biotechnologie eine ganz besondere Brisanz.

Das Thema „Demokratieverlust“ ist sicherlich ein wichtiges und interessantes Gebiet, zu dem es viel zu sagen gäbe. (Die Versuche von Gentechnikern, Medizinern usw., öffentliche Auseinandersetzungen zu suchen, um „aufzuklären“ und Ängste zu nehmen, haben dabei manchmal eher einen anderen - oft auch beschwichtigenden - Charakter.)
Das Unterfangen der ehemaligen Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer, durch das große Symposium zur Fortpflanzungsmedizin im Mai 2000 in Berlin einen Beitrag vor allem in Hinblick auf Transparenz war ungewöhnlich und beeindruckend und gerade für Deutschland ein Novum, d.h. ein wichtiges und strittiges Thema in die öffentliche Diskussion zu bringen und einen Demokratisierungsprozeß entstehen zu lassen.

Stattdessen ist gerade der Bereich der Medizin von Hierarchien, Machtstrukturen und Abhängigkeiten geprägt und ähnliches gilt teilweise auch für den Bereich der Behinderten- und Pflegeeinrichtungen.
Ein Problem aber entsteht dann, wenn sich neue eugenische Vorstellungen entwickeln und die demokratischen Strukturen und Haltungen nicht stark genug sind, dem etwas entgegenzusetzen und andere Werte durchzutragen, z.B. das Lebensrecht aller Menschen, Integration von Randgruppen und Benachteiligter usw.
So mag es zahlreiche Fälle geben, wo die Argumente „für den Fortschritt, für Gesundheit, gegen Hunger und Armut“ vordergründig sind und häufig andere Motive eine Rolle spielen, vor allem Geld und Prestige.
Der Prozeß in Südafrika um die Aids-Medikamente mag da besonders eindringlich sein. Hier geht es der Industrie  nicht um Linderung der Not, sondern um den Verkauf der teuren Medikamente.
Aber wie im Großen so auch im Kleinen.

Ein ganz besonders sensibler Bereich ist natürlich auch noch gegeben, wenn es um Gen- Dateien und den Umgang mit ihnen geht sowie mit fremdnütziger Forschung an Nichteinwilligungsfähigen, etwa Geistigbehinderten. Das Beispiel in Würzburg/ Eisingen hat gezeigt, wie schwer sich die Einrichtung am Anfang mit diesen Vorfällen getan hat.

Home                     Behinderte/Eugenik                          oben