Stasi-Spitzel ließ sich vor dem Verrat taufen

Streit vor Gericht, ob sein bürgerlicher Name öffentlich genannt werden darf, bleibt offen

Zwickau. Darf man die Namen von Inoffiziellen Mitarbeitern (IM) der früheren DDR-Staatssicherheit veröffentlichen? Das Landgericht Zwickau hat dies jetzt im Falle des „IM Schubert“ ermöglicht, jedoch aus formalen Gründen. Die grundsätzliche Klärung steht noch aus: Es geht um die Aufarbeitung von Unrecht und Meinungsfreiheit versus Persönlichkeitsrecht des Taters.

Hintergrund: Ein betroffener Pfarrer hat den bürgerlichen Namen des auf ihn angesetzten Spitzels in einer von ihm organisierten Ausstellung öffentlich gemacht. Die Rede ist von Dompfarrer Edmund Käbisch und seiner Ausstellung „Christliches Handeln in der DDR“ im Rathaus von Reichenbach (Vogtland). Die Stadt war daraufhin von „IM Schubert“ verklagt worden. Das Gericht gab ihm zunächst Recht. Gestern hob es das Verbot der Namensnennung nun wieder auf. Begründung: Die Klage hätte direkt gegen den Dompfarrer als Organisator gerichtet werden müssen.

Der war von „IM Schubert“, der heute als Unternehmer tätig ist, seit 1979 ausgeforscht worden. Wie jetzt bekannt ist, war der Spitzel direkt auf ihn und kirchliche Gruppen angesetzt worden und hatte sich extra taufen lassen, um das Vertrauen zu erschleichen. Pfarrer Käbisch sagt: „Mehrere Menschen haben durch seine Spitzeldienste jahrelang im Gefängnis gesessen.“ Ohne Namen zu nennen, mache Aufarbeitung des Unrechts keinen Sinn. So sieht das auch die Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Marianne Birthler. „Verrat ist nicht geschützt. Es ist eine klare Entscheidung des Gesetzgebers, dass Aufarbeitung nicht anonym erfolgt“, erklärte sie im „Tagesspiegel“. Prof. Johannes Weberling, von der „Berliner Zeitung“ zum Leiter einer Kommssion zur Untersuchung von Stasi-Vorwürfen gegen Redakteure berufen, sagte unserer Zeitung: „Bei der historischen Aufarbeitung von DDR-Unrecht ist das Informationsrecht der Öffentlichkeit deutlich ausgeweitet worden. Es sei jedoch notwendig, dass zuvor Wissenschaftler die Unterlagen aufgearbeitet hätten.

Braunschweiger Zeitung vom 23.04.2008

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