Fritz Bauer in Zeiten der Bayreuther Festspiele

Anlässlich der Festspiele in Bayreuth werden in Braunschweig verschiedene neue Filme zu Richard Wagner gezeigt. Am Samstag, den 11.08.2012, wird der Parsifal live aus Bayreuth im Kino c1 cinema übertragen. Am 10.08. wird der Film „Wagner and me“ und am 15.08.“Parsifal – the Search for the Holy Grail“ aufgeführt (siehe unten).

In Hinblick auf Fritz Bauer mag dies insofern interessant sein, da er in seiner Schrift „Von den Wurzeln faschistischen und nationalsozialistischen Handelns“ auch auf Wagner (und Nietzsche) eingeht. In dieser Schrift, die sicherlich eher eine „Kampfschrift“ gegen den herrschenden Geist als eine differenzierte historische Analyse ist, hat Fritz Bauer auf wichtige Ursachen hingewiesen, die mit zum Entstehen des Nationalsozialismus geführt haben.

Gerade aber seine Kritik an Wagner wird von dem Historiker Nipperdey abgetan. „Es habe, so Nipperdey, etwas ‚Kleinkariertes’, Richard Wagner oder Friedrich Nietzsche auf das ‚Prokrustesbett unserer Demokratievorstellungen’ zu spannen und sie auf ihre präfaschistischen Züge abzuklopfen’.“ (Meusch: Von der Diktatur zur Demokratie. Fritz Bauer und die Aufarbeitung der NS-Verbrechen in Hessen. Wiesbaden.2001. S.155). Die Angaben von Nipperdey sind aus der Schrift: Thomas Nipperdey, 1933 und die Kontinuität der deutschen Geschichte, in: ders.: Nachdenken über die deutsche Geschichte. Essays. München.1986.

Diese Verharmlosung Wagners eines deutschen Historikers ist schon sehr fragwürdig. Insbesondere in dem Film „Wagner and me“ wird auf die Bezüge zwischen Hitler und Wagner eingegangen, vor allem weil der Filmemacher auch jüdischer Abstammung ist.

Vielleicht hat der ein oder andere die Gelegenheit, die Wagner-Filme zu sehen bzw. die Live-Übertragung des Parsifal aus Bayreuth am 15.August.
Nähere Angaben dazu sowie Hinweise auf die Vorführungen siehe unten.
(aus: www.c1-cinema.de )

U.Dittmann 

Im C1 Cinema Braunschweig , Fr. den 10.08.2012  um 19 Uhr
Wagner and me
von Stephen Fry
Dokumentarfilm, 89 Minuten, ab 0 Jahren       GB 2010                     Prädikat: wertvoll

Der englische Schauspieler, Komiker und Autor Stephen Fry erfüllt sich einen ganz persönlichen Wunsch. Er reist zu den Wagner-Festspielen nach Bayreuth, darf sogar hinter die Kulissen schauen. Sein ganzes Leben schon ist Fry ein Bewunderer von Wagners Schaffen, hat jedoch auch nie aufgehört, sich kritisch mit dem großen Musiker auseinanderzusetzen. Denn die Einbindung dessen Werke in die Propagandamaschine des Dritten Reichs und die Tatsache, dass Stephen Fry jüdischer Abstammung ist, lässt eine unbelastete Verehrung nicht zu.
Fry nimmt den Zuschauer in der wunderbar leichtfüßig erzählten Dokumentation von Patrick McGrady mit auf die Reise zu den Spuren eines der größten Genies der Musikgeschichte. Dabei werden die unangenehmen Aspekte von Wagners Schaffen, wie etwa sein Antisemitismus, nicht außen vor gelassen. Fry reflektiert mit seiner sympathischen Art und vorurteilsfrei diesen Fragen und versucht eine Annäherung, ohne zu glorifizieren. Diese Musikdokumentation ist ein wunderbar unterhaltsamer Einstieg in die Welt von Wagner. Aber auch eingefleischte Experten werden hier neue Erkenntnisse gewinnen. So macht Musikunterricht Spaß – geistreich, kurzweilig und spannend.

 

Im C1 Cinema Braunschweig , Sa. den 11.08.2012  um 16 Uhr
Parsifal: Live-Übertragung aus Bayreuth

Seit Jahrzehnten übersteigt die Nachfrage nach Eintrittskarten bei weitem das verfügbare Kartenkontingent für diese weltweit renommierten Festspiele. In diesem Jahr wird Stefan Herheims gefeierte »Parsifal«-Produktion erstmals live im C1 CINEMA-Filmtheater zu erleben sein. Im exklusiven Live-Pausenprogramm wird die Festspielleiterin Katharina Wagner spannende Einblicke in die Produktion von »Parsifal« und den berühmten Bayreuther Orchestergraben geben.

 

Im C1 Cinema Braunschweig,   Mi. den 15.08.2012   um 19 Uhr
PARSIFAL - THE SEARCH FOR THE GRAIL

Dokumentarfilm, 88 Minuten,  ab 12 Jahren

Dieser Film stellt ein einzigartiges, absolut zeitloses Faszinosum in den Mittelpunkt: Der Gral - jener Becher, aus dem Jesus Christus beim letzten Abendmahl trank, und der sein Blut auffing, als er ans Kreuz geschlagen worden war - ist ein zentrales Symbol in der westlichen Kultur der vergangenen 2000 Jahre. Er hat zahllose Künstler, aber auch Abenteurer inspiriert.

Parsifal, Wagners Oper in drei Akten, ist zweifellos das berühmteste Werk, das sich mit der Suche nach dem Heiligen Gral beschäftigt. Als Grundlage diente Tony Palmer eine Aufführung des Mariinsky Theaters in St.Petersburg mit Startenor Pläcido Domingo. Hitlers Folgen auf die von Wagner selbst intendierte „Parsifal“-Deutung als Rettung des arischen Blutes werden dabei keineswegs verschwiegen, sondern geradezu gespenstisch deckungsgleich wird Wagners Marsch der Gralsritter mit Bildern von Hitlers Triumphzug in Berlin und NS-Trommlern verglichen oder die fanatische Hitler-Begeisterung in Bayreuth mit jener der Gralsritter bei Enthüllung des Gralsgefäßes. Ingmar Bergmans „Das siebte Siegel“, Steven Spielbergs „Indiana Jones“, Harrison Fords „Der letzte Kreuzzug“ und Monty Pythons „Ritter der Kokosnuss“ fügen sich in das Gesamtbild der Deutungsversuche. Geradezu leitmotivischen Charakter erhalten Sequenzen aus Tony Palmers Filmepos „Richard Wagner“ mit Richard Burton, insbesondere Szenen der Dresdener Revolution ergänzt durch filmische „Parsifal“-Spielszenen als Außenaufnahmen in Ravello. Dass bei solcher Vielfalt dennoch ein Kunstwerk eigener Provenienz entsteht, zeigt die Meisterschaft des Regisseurs Tony Palmer. Als Opernführer mit verbindenden und erläuternden Texten tritt Placido Domingo ins Bild. Als Kommentator verschweigt auch Domingo nicht Wagners antisemitische Deutung, erklärt aber die Intensivierung des Mitleids zur Liebe als treffliche Aussage für unsere Gegenwart, in der – so Domingo – mehr kriegerische Handlungen und rassische Vorurteile ihre Opfer fordern als im ersten Drittel des 20.Jahrhunderts.

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