Erst wenn ein Mensch vergessen ist, stirbt er.

Über das Buch: "Gerichtstag halten über uns selbst ...."
                           Geschichte und Wirkung des ersten Frankfurter Auschwitz-Prozesses.
                            Jahrbuch 2001 zur Geschichte und Wirkung des Holocaust.
                            Fritz Bauer Institut (Hg), Frankfurt 2001

 

"Gerichtstag halten über uns selbst..."
Ich hatte mich gewundert, als ich das Buch "Gerichtstag halten über uns selbst...." gelesen hatte, das von Irmtrud Wojak im Auftrag des Fritz Bauer Institutes herausgegeben wurde. Es sollte die Geschichte und Wirkung des ersten Auschwitz-Prozesses behandeln, und zahlreiche Autoren äußern sich zu dem Thema.

Gewundert hatte ich mich darüber, dass in dem ganzen Buch Fritz Bauer fast gar nicht vorkommt. In einigen Texten ist er kurz erwähnt. Eigentlich hätte man annehmen können, dass Fritz Bauer hierbei eine große Rolle gespielt hat, obwohl er selbst nicht als Ankläger auftrat. Aber er hat den Prozess wesentlich in Gang gebracht, Vorermittlungen durchgeführt und den Prozess auch in Kommentaren begleitet. Weshalb gibt es in dem ganzen Buch nicht einen Beitrag dazu?

Das Motto des Buches "Gerichtstag halten über uns selbst..." stammt selbst von Fritz Bauer. Es ist erschienen in einem Beitrag von ihm in der Frankfurter Rundschau im Jahr 1964. Nun könnte man denken, dass gerade angesichts des Titels auch Fritz Bauer in dem Buch eine größere Rolle spielen würde - im Gegenteil. Nach dem Lesen des Buches erfährt man viel über den Auschwitz- Prozess, aber kaum etwas über Bauer.

So mag es kein Wunder sein, dass Fritz Bauer selber immer mehr in Vergessenheit geraten ist.
Möge ihm nicht dasselbe widerfahren, wenn im kommenden Jahr 2013 im Gedenken an die 50jährige Wiederkehr des Auschwitz-Prozesses eine Tagung und eine Ausstellung stattfinden wird, ohne dass Fritz Bauer dabei entsprechend gewürdigt wird. Nach dem Lesen des genannten Buches über den ersten Auschwitz-Prozess wäre das durchaus möglich und nicht abwegig - so bedauerlich es wäre.

Der Auschwitz-Prozess ist ohne Fritz Bauer gar nicht zu denken. Es ist sein Verdienst, dass er überhaupt zustande gekommen ist. Das sollte auch entsprechend dargestellt und gewürdigt werden.

Zum Gedenken an den Geburtstag von Anne Frank schrieb Fritz Bauer 1963. "Solange eines Menschen gedacht wird, ist er nicht tot." Fritz Bauer ist aber genau dies geschehen - sein Name lebt zwar, aber seine Ideen und sein Handeln sind in Vergessenheit geraten.

Möge man im Gedenkjahr des Auschwitz-Prozess daran denken, dass Fritz Bauer es war, der den Prozess bewirkt hat. Und dass nur durch solche Menschen Wahrheit und Gerechtigkeit in einer Gesellschaft eine Chance haben.

Der Auschwitz- Prozess ist mehr als nur ein einfacher Prozess. Es ist der Ausdruck für den Versuch eines Menschen, nicht nachzugeben im Streben nach Gerechtigkeit. Nur durch solche Menschen wird sich eine Gesellschaft positiv und demokratisch entwickeln. Auch das ist das Besondere am Auschwitz-Prozess, und dafür steht Fritz Bauer.                       

U. D.

back