Fritz Bauer und Ulm 1933

Ergänzungen zur Biographie von Fritz Bauer in Bezug auf Ulm

In der Biographie von Fritz Bauer ist allgemein bekannt, dass er im März 1933 in das KZ-Heuberg als "Schutzhäftling" gebracht wurde. Heuberg war das erste NS-Konzentrationslager in Württemberg (neben Dachau das bekannteste seiner Zeit) und lag auf einer Hochfläche der Schwäbischen Alb. Vor dem 1.Weltkrieg war dort ein großer Truppenübungsplatz eingerichtet worden, der jetzt zur Unterbringung der Verfolgten diente. (1) Ende März waren ca. 2000 Häftlinge dort untergebracht.

Wegen der NS-Aufrüstung wurden die Gebäude auf dem Heuberg von der Reichswehr beansprucht und zurückgefordert, und die Gefangenen wurden in das alte Festungswerk auf dem Oberen Kuhberg bei Ulm verlegt. Bauer gehörte mit zu diesen Gefangenen; etwa 8 Monate war er auf dem Heuberg inhaftiert gewesen Dann kam er nach Ulm.

Allerdings kam er dort nicht auf den Oberen Kuhberg (wie in der Biographie von I.Wojak berichtet), sondern in ein Außenlager. Das ist auch der Grund, weshalb Fritz Bauer in der Gedenkkultur von Ulm bzw. in der heutigen Gedenkstätte "Dokumentationszentrum Oberer Kuhberg" nicht auftaucht.

Die Ulmer Außenstätte
Die genauen Angaben sind folgende, wie Silvester Lechner - der langjährige Leiter des Dokumentationszentrums Oberer Kuhberg - mir berichtet hat:
" Bauer war wohl als sog. 'Schutzhäftling' nie im KZ Oberer Kuhberg (eröffnet Nov/ Dez 1933, geschlossen Juli 1935), sondern in einer Ulmer Außenstelle des KZ Heuberg: dem 'Garnisonsarresthaus' in der Frauenstraße 134. Dies war wegen Überfüllung des KZ Heuberg mit etwa 50 Häftlingen - wohl nur Sozialdemokraten, keine Kommunisten - im Mai 1933 eingerichtet worden".

Dadurch taucht Fritz Bauer in den Unterlagen des Oberen Kuhberg nicht auf und wird auch in der ausführlichen Gedenkschrift für Silvester Lechner (2) nicht erwähnt. Allerdings wurde in anderen Veranstaltungen des Dokumentationszentrums auch der Auschwitz-Prozess und Bauers Rolle behandelt - auch der Fritz Bauer Film von Ilona Ziok war 2011 gezeigt worden, allerdings wurde kein direkter Bezug zu Bauer und seiner Zeit in Ulm hergestellt. Vielleicht könnte in Zukunft auch das kleine Außenlager in der Frauenstraße mit berücksichtigt werden.

"Treuebekenntnis einstiger Sozialdemokraten"
Silvester Lechner weist noch auf einen weiteren möglichen Bezug von Fritz Bauer auf Ulm hin:
"In der gleichgeschalteten Ulmer Monopolzeitung 'Ulmer Tagblatt' vom 13.11.1933 erschien ein 'Treuebekenntnis einstiger Sozialdemokraten' aus Württemberg, das mit Namen gezeichnet ist, darunter einem 'Fritz Hauer'. Einen SPD-Mann dieses Namens gab es wohl nicht, ich denke, es handelt sich um Fritz Bauer. Diese Feststellung hatte ich Frau Wojak auf Anfrage mitgeteilt; leider gibt es dazu im Nachlass Bauers keine Erklärung - es bleibt mysteriös."
Vielleicht findet sich eines Tages doch noch ein Hinweis, wer genau mit diesem Namen gemeint ist.

 

"Fort Oberer Kuhberg"
Text von Erich Josef Geßner aus der Gedenkschrift für Sivester Lechner (2009):
".... Zu diesen frühen Konzentrationslagen zählt auch das KZ Heuberg bei Stetten am Kalten Markt, das am 20.März 1933 für Württemberg-Hohenzollern in Betrieb genommen wurde. Bereits Ende 1933 lösten die Nazis das Lager, eine Kaserne aus dem Ersten Weltkrieg auf, weil das Gebäude zum Aufbau der Wehrmacht benötigt wurde. Das Landes-KZ verlegten die Nationalsozialisten im November 1933 ins 'Fort Oberer Kuhberg' nach Ulm, das um 1850 als Teil der ganz Ulm und Neu-Ulm umfassenden 'Bundesfestung Ulm' erbaut worden war. Bis zu dessen Auflösung im Juli 1935 waren in dem frühen Konzentrationslager etwa 600- 800 Männer im Alter von 17 bis 71 Jahren untergebracht, darunter der SPD- Reichstagsabgeordnete Kurt Schumacher, der später erste Bundesvorsitzende der SPD nach dem Zweiten Weltkrieg wurde, und der KPD-Landtagsabgeordnete Alfred Haag." (3)

Fritz Bauer wird gar nicht erwähnt. Da er in dem Außenlager in der Frauenstraße ist, verschwindet er aus der Wahrnehmung. So tragen kleine "Zufälle" dazu bei, dass er in der Erinnerungskultur von Ulm keine Rolle spielt. Durch die Angaben von Silvester Lechner kann sich jetzt das vielleicht ändern.

U.D.

 

Anmerkungen:
1. Irmtrud Wojak: Fritz  Bauer 1903-1968. Eine Biographie. München. 2009.  S.113
2. Dokumentationszentrum Oberer Kuhberg Ulm e.V. (Hrsg): Ulm - die KZ-Gedenkstätte und der Nationalsozialsmus. Festschrift zur Verabschiedung von Silvester Lechner in den Ruhestand. Ulm. 2009.
3. Erich Josef Geßner: Das sind wir den Entrechteten und Ermordeten des Dritten Reiches schuldig. In: Gedenkschrift für Silvester Lechner a.a.O. 56

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