Fritz Bauer Freundeskreis

Fritz Bauer – der große Jurist wirkte in Braunschweig

Wer war Fritz Bauer? Eigentlich kennt ihn kaum noch jemand in Braunschweig, fast niemand – oder auch in Deutschland. Und das ist gerade das Eigenartige an ihm – denn sein Name steht für Gerechtigkeit in einem Maße, wie man es hierzulande kaum kennt.

Wann hat er eigentlich gelebt? Auch das weiß kaum jemand: es sind die Jahre von 1903 bis 1968.

Vielleicht kann man sich ein wenig an ihn herantasten, wenn man hört, dass Konrad Adenauer versucht hat, dass sein Staatssekretär Hans Globke nicht in das Visier von Fritz Bauer kam. Globke war Verfasser des Kommentars der Reichsrassengesetze von 1935 und wurde unter Adenauer Staatssekretär, der als „Graue Eminenz“ in wesentlicher Weise für den Aufbau der Bundesrepublik Deutschland verantwortlich war.

Aber nun zurück zu Fritz Bauer. Er war es, der den Auschwitz-Prozess in Gang setzte. Er gab den entscheidenden Hinweis über den Aufenthaltsort Eichmanns in Argentinien, und zwar direkt nach Israel, wodurch Eichmann gefasst wurde. Er hatte sich nicht an die deutsche Justiz gewandt, obwohl er Generalstaatsanwalt in Frankfurt war.

Wer war Fritz Bauer? 1903 wurde er in Stuttgart in einer deutsch-jüdischen Familie geboren.
Er studierte Jura und wurde mit 27 Jahren Deutschlands jüngster Anwalt. Er war Mitglied der SPD, kam ins KZ, konnte dann mit viel Glück nach Dänemark und später nach Schweden fliehen. Nach dem Krieg wollte er nach Deutschland zurückkehren. So kam er 1949 nach Braunschweig, war zunächst als Direktor am Landgericht und dann ab 1950 als Generalstaatsanwalt in Braunschweig tätig  (bis 1956).

Schon bald wurde er durch seine ungewöhnliche und entschiedene Haltung, NS-Täter zu verfolgen, bekannt – und zwar in einer Zeit des Schweigens und Verdrängens. Von den vielen Prozessen in Braunschweig erregte einer besondere – auch internationale – Aufmerksamkeit. Es war der „Remer-Prozess“.  Remer, Kommandeur des Wachbataillons „Großdeutschland“, hatte nach dem Krieg die Männer des 20.Juli als „Landesverräter“  bezeichnet und verhöhnt. Fritz Bauer erreichte in dem Prozess eine Verurteilung von Remer und eine Rehabilitation der Männer um Stauffenberg.

Nach den sieben Jahren in Braunschweig ging Fritz Bauer nach Frankfurt und war dort von 1956 bis zu seinem Tod (1968) als Generalstaatsanwalt tätig. Dabei kämpfte er gegen das große Schweigen und Vergessen fast als Einzelner gegen eine ganze Gesellschaft (wobei er durchaus gute Unterstützung in seiner Behörde sowie vom Ministerpräsidenten des Landes Hessen hatte). Mit einer Hartnäckigkeit verfolgte er Leute wie Eichmann, Mengele, setzte den Auschwitz-Prozeß (1963-65) in Gang und sorgte dafür, dass die dortigen Verbrechen in das allgemeine Bewusstsein der Öffentlichkeit kamen. Sein weiteres Ziel waren die Euthanasie-Prozesse gegen die beteiligten Ärzte und insbesondere die Juristen, die die rechtlichen Grundlagen für die Euthanasie-Morde gelegt hatten.

Obwohl er diese enorme Aufklärungsarbeit geleistet hatte, ist sein Name doch nur wenigen bekannt geblieben. Und obwohl er zahlreiche Werke und Aufsätze schrieb, die einen wesentlichen und für die deutsche Rechtsgeschichte fast revolutionären Beitrag lieferten, erhielt er kaum Ehrungen – er war und blieb ein einsamer Mensch, der sich in seinem Rechtsempfinden sehr deutlich von seiner ganzen Zeit unterschied. Sein Ziel aber war, dass in der Öffentlichkeit das Bewusstsein von dem Unrecht in der NS-Zeit nicht verlorenging – und das ist ihm gelungen.

Nun scheint man sich in neuer Weise auf Fritz Bauer zu besinnen. Ein Zeichen dafür ist sicherlich die neue – und längst überfällige Biographie über ihn von Irmtrud Wojak, die im Frühjahr 2009 im C.H.Beck-Verlag erschienen ist (34 Euro). Ein großartiges Buch, das spannend wie ein Krimi zu lesen ist und Einblick in das ganz eigene Leben dieses Menschen gibt. Fast wie ein Robin Hood, der in einer Weise für das Gute kämpft, wie es in der deutschen Geschichte nicht so häufig vorkommt.

Und seit 1995 gibt es auch das Fritz-Bauer-Institut, das seinen Sitz im IG-Farben-Haus (!) in Frankfurt hat. Es lohnt sich, diese Internetseite zu besuchen. Ein ungewöhnliches Institut, das sich mit der Aufarbeitung des NS-Unrechtes beschäftigt (www.fritz-bauer-institut.de ).

So ist es auch kein Wunder, dass der Name dieses Mannes lange Zeit fast vergessen war. Er rührte an die Wunden, das Unangenehme – in Deutschland ging es seit 1946 doch fast nur um das Verdängen, den Wunsch, endlich einen Schlussstrich zu ziehen und den Versuch, neu zu beginnen, ohne sich mit dem Alten zu beschäftigen. Die Versuche von Adenauer dazu bis zur unseligen Rede von Martin Walser in der Paulskirche von 1998... und dann ist da ein Mensch, der einfach nicht locker lässt, den es nicht gleichgültig ist, was mit den Opfern passierte...

So ist es erfreulich, dass das Andenken an diesen Menschen wieder beginnt – noch kennen ja  viele nicht einmal seinen Namen mehr. Aber er sollte in einer Reihe der Personen stehen, die wirklich Großes für das eigene Land geleistet haben. Auch Städte wie Tübingen, Stuttgart und Frankfurt beginnen sich langsam wieder auf ihn zu besinnen. In Stuttgart ist er geboren worden und aufgewachsen (dort ist jetzt auf Antrag der Grünen eine Straße nach ihm benannt worden), in Tübingen hat er viel Zeit in seiner Kindheit und Jugend bei den Großeltern verbracht und in Frankfurt gibt es jetzt das Institut mit seinem Namen.

Und in Braunschweig? Keine Erinnerung, kein Gedenken... Dafür hat er andererseits – außer den Prozessen – etwas Markantes in Braunschweig hinterlassen: An das Gebäude der Staatsanwaltschaft hat er in seiner eigenwilligen Art - und für jedermann sichtbar - den Spruch einmeißeln lassen: „Die Würde des Menschen ist unantastbar - sie zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt“.  Das war ihm einfach ein Anliegen.

Damit dieser Satz nicht vergessen wird, sollte man auch das Andenken an diesen großen Mann wieder pflegen – der nach der unseligen Rolle Braunschweigs vor und im 3.Reich solche positiven und kraftvollen Akzente gerade hier wieder gelegt hat. Vielleicht wäre es schön, wenn auch hier eine Straße oder ein bedeutender Platz nach ihm benannt würde. Damit auch nachfolgende Generationen und vor allem auch junge Leute Kenntnis von diesem Menschen haben, der schon in den fünfziger Jahren einen Aufsatz schrieb mit dem Titel „Im Kampf um des Menschen Rechte“ (1955), als hier dieser Begriff der Menschenrechte noch wenig bekannt war. Nicht nur seine Handlungen wie in den Prozessen sind wegweisend, genauso seine Gedanken, die in vielen Aufsätzen und Büchern zum Ausdruck kommen. Mögen die Braunschweiger das Erbe dieses großen Menschen, der eine wichtige Etappe seines Lebens hier in der Stadt verbracht hat, in angemessener Weise pflegen. 

Dabei fühlte er sich gerade auch wegen seiner jüdischen Wurzeln als Patriot, was später in den Kontakten zu Thomas Harlan (dessen Vater den unseligen Film „Jud Süß“ gedreht hatte), sehr deutlich zum Ausdruck kam. Thomas Harlan, der sich deutlich von seinem Vater abgegrenzt hatte, war immer wieder überrascht, wie sehr sich Fritz Bauer mit Deutschland verbunden fühlte und für das „positive“ Deutschland eintreten wollte, ein Deutschland, in dem menschliche Werte und Menschenwürde eine wichtige Rolle spielen.

Darüberhinaus ist es mir ein Anliegen, dass in Braunschweig eine Straße oder ein Platz nach ihm benannt wird. Wer diese Initiative unterstützen möchte, kann sich gern bei mir melden
Udo Dittmann, Große Str.9, 38116 Braunschweig, tel  0531- 57 69 42;
 udo.dittmann@t-online.de .

 

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